Der Kahle Krempling (Paxillus involutus) galt bis in die 40-er Jahre des 20. Jahrhunderts als eßbar und wurde in Ost- und Mitteleuropa verbreitet als Speisepilz gesammelt.
Es war zwar bekannt, daß der Pilz roh schwere gastrointestinale Symptome auslösen kann, doch die diese Symptome verursachenden Substanzen (z.B. Involutin und Involuton) können durch gründliches Erhitzen des Pilzmaterials (mindestens 20 Minuten) zerstört werden.
Bei der Zubereitung des Pilzes bleibt jedoch ein thermostabiles Antigen erhalten, welches bei wiederholtem Genuß des Pilzes- zum Teil erst nach Jahren symptomfreien Verzehr des Pilzes- zu einer tödlich verlaufenden Autoimmunreaktion führen kann, bei der das menschliche Immunsystem die roten Blutkörperchen zerstört.
Der Genuß des Kahlen Kremplings wird beispielsweise auch für den Tod des deutschen Mykologen Julius Schäffer (1882-1944) verantwortlich gemacht, der gemeinsam mit seiner Ehefrau eine Kremplingsmahlzeit verzehrte und nach 17 Tagen an den Folgen verstarb.
Hut: Gelb- bräunlich bis rotbrauner, leicht eingedrückter Hut mit eingerollter, flaumiger Krempe. Die Hutoberfläche ist feinfilzig bis glatt. Hut 6 bis 15 cm
Stiel: Kurzer, filzig bereifter Stiel in Hutfarbe, mitunter gebogen. Stiel 1 bis 2 cm, Stielhöhe 4 bis 8 cm.
Lamellen: Die eng stehenden, weichen gelben Lamellen laufen am Stiel herab und lassen sich leicht von Hut und Stiel ablösen; sie bräunen bei Druck. Für die Bräunungsreaktion ist das Involutin verantwortlich, ein Metabolit aus dem Sekundärstoffwechsel des Pilzes.
Fleisch: Hellgelb bis bräunlich, färbt sich bei Anschnitt dunkel.
Sporen: Das Sporenpulver ist gelblich braun gefärbt.
Inhalts-/ Giftstoffe: Der Pilz enthält die Phenole Involutin und Involuton. Involutin ist für die bräunliche Verfärbung des Pilzfleisches bei Druck oder Anschnitt verantwortlich. Darüber hinaus enthält der Pilz ein Antigen noch unbekannter Struktur, welches selbst zwar nicht giftig ist, aber dem körpereigenen Immunsystem vorgaukelt, die körpereigenen roten Blutkörperchen wären körperfremd, was zu Autoimmunreaktionen und zur Zerstörung der roten Blutkörperchen führt.
Schwere und potenziell tödliche Komplikationen sind akutes Nierenversagen, Schock, akute respiratorische Insuffizienz und disseminierte intravaskuläre Gerinnung.
Von Sommer bis in den Spätherbst als häufiger Mykorrhizapilz von Nadelbäumen und Birken. Oftmals gesellig oder in Hexenringen in Wäldern, Parks und Gärten. Im gemäßigten Klima der Nordhalbkugel weit verbreitet und häufig.
Der Kahle Krempling ist, obwohl seine Fruchtschicht (Hymenium) aus Lamellen besteht, sehr nah mit den Röhrlingen verwandt, wie z.B. chemotaxonomische Untersuchungen zeigen konnten. Es ist deshalb nicht überraschend, das im Kahlen Krempling typische Sekundärmetaboliten von Röhrlingen, wie beispielsweise Involutin und Involuton, zu finden sind.
Kahler Krempling
(Paxillus involutus)
(Batsch) Fr. 1838
Reich | Pilze | Fungi |
Stamm | Basidienpilze | Basidiomycota |
Klasse | Ständerpilze | Basidiomycetes |
Ordnung | Röhrenpilze | Boletales |
Familie | Kremplingsartige | Paxillaceae |
Gattung | Kremplinge | Paxillus |
Art | Kahler Krempling | Paxillus involutus |
Current Name:
Paxillus involutus (Batsch) Fr., Epicr. syst. mycol. (Upsaliae): 317
(1838)
Hinweis: Zur Systematisierung der Artikel auf dieser website werden die Taxonomie-Datenbanken des Global Biodiversity Information Facility network (GBIF) genutzt.
Der Kahle Krempling (Paxillus involutus) wurde lange Zeit hindurch als Speisepilz angesehen.
Vielen deutschen Vertriebenen hat der Krempling das Leben gerettet, als sie auf der Flucht hungerten.
In einigen osteuropäischen Ländern gilt er teilweise heute noch als "Brotpilz". Es ist bekannt, daß der Pilz im Rohzustand außerordentlich giftig ist, doch war man lange der Meinung, daß der Pilz nach mindestens 20-minütigem Erhitzen genießbar sei. Von den im Pilz vorhandenen Giften werden zwar die meisten (Involutin, Involuton) durch Hitze zerstört, nicht jedoch ein Antigen, welches im menschlichen Blut zur Antikörperbildung führt und bei wiederholtem Verzehr des Pilzes - manchmal erst nach Jahren- zum Tode führen kann. Aufgrund des langen Zeitraumes wurden diese Todesfälle in der Vergangenheit nicht einer Pilzvergiftung zugeschrieben. 1958 wurde von dem Fall einer Familie in Polen berichtet, die nicht weniger als 17 Kremplingsmahlzeiten verzehrt haben soll und zu Tode kam.[1]
Aus der Sicht heutiger Erkenntnisse ist vom Verzehr des Pilzes dringend abzuraten!
Synonymy:
Agaricus involutus Batsch, Elench. fung., cont. prim. (Halle): 39
(1786)
Omphalia involuta (Batsch) Gray, Nat. Arr. Brit. Pl. (London)
1: 611 (1821)
Omphalia involuta (Batsch) Gray, Nat. Arr. Brit. Pl. (London)
1: 611 (1821) var. involuta
Paxillus involutus var. excentricus Fr.
Agaricus contiguus Bull., Herb. Fr. 5: tab. 240
(1785)
Agaricus involutus Batsch, Elench. fung., cont. prim. (Halle): 39
(1786) var. involutus
Agaricus adscendibus Bolton, Hist. fung. Halifax (Huddersfield)
2: 55 (1788)
Agaricus contiguus Bull. & Vent., Hist. Champ. France (Paris):
518, tab. 54;240;576:2 (1809)
Brown roll-rim
[1] Archives of Toxicology 20, 2, 82-95: Vergiftungen durch den Kahlen Krempling (Paxillus involutus, eine genießbare Pilzart. F.Bschor, H.J.Mallach
[2] http://www.toxcenter.de/klin-tox/pflanzen/kahler-krempling.pdf
[3] J. Schmidt, W. Hartmann, A. Würstlin, H. Deicher, Akutes Nierenversagen durch immunhämolytische Anämie nach Genuß des Kahlen Kremplings (Paxillus involutus), Dtsch med Wochenschr 1971; 96(28): 1188-1191 DOI: 10.1055/s-0028-1110104