Wulstlinge

Amanita

Pers. 1797

Die Wulstlinge (Amanita) sind eine Gattung von Pilzen aus der Familie der Wulstlingsartigen (Amanitaceae).

Beschreibung

Die recht artenreiche Gattung umfaßt Pilzarten mit meist großen gewölbten Hüten, die oftmals (siehe Artenporträts) mit charakteristischen Velumresten (Flocken, Fetzen) behangen sind. Charakteristische Hüllreste, wie Stielringe oder eine mehr oder weniger ausgeprägte Volva an der Stielbasis sind ebenso kennzeichnend für einzelne Arten, wie die knollig verdickte Stielbasis.

Habitus eines Wulstlings.
Habitus eines Wulstlings.

Habitus der Wulstlinge:

  • Jung halbkugelige, im Alter gewölbte bis ausgebreitete Hüte; bei einigen Arten mit charakteristischen Velumresten (Tupfen oder Fetzen)auf der Hutoberfläche.
  • Breite weiße (selten blaßgelbliche) Lamellen, die frei stehen, also nicht am Stiel angewachsen sind. Man kann den Stiel aus dem Hut heraus drehen, ohne dabei die Lamellen nennenswert zu beschädigen.
  • Zylindrisch-schlanker Stiel mit charakteristisch verdickter Stielbasis (Stielknolle), die bei einigen Arten von einer häutigen Scheide (Volva) umhüllt ist (hier nicht mitgezeichnet).
  • Einige Arten tragen einen mehr oder weniger großen hängenden Stielring, Rest des Velum partiale, das die Lamellen des aufwachsenden Pilzes schützte.

Die Stiele sind meist zylindrisch-schlank, laufen aber in einer mehr oder weniger deutlichen, oftmals charakteristischen Stielknolle aus. Um die Arten sicher unterscheiden zu können, sollten die Pilze zum Zwecke der Bestimmung unterhalb der Stielbasis aus dem Boden herausgehebelt werden, um zarte Details nicht zu zerstören:

 

  • Vorhandensein und Form einer häutigen Scheide (Volva) an der Stielbasis;
  • Größe und Form der basalen Stielknolle, insbesondere Art des Übergangs zum Stiel;
  • Einzelheiten an der Stielknolle (Gürtelung beim Fliegenpilz);
  • Farbe und Oberflächentextur (Natterung) des Stiels;

 

Die Lamellen der Wulstlinge sind fast immer weiß, selten blaßgelblich. Da das Sporenpulver der Wulstlinge ebenfalls weiß gefärbt ist, verfärben sich die Lamellen auch im Alter nicht, ein wichtiges Unterscheidungskriterium zu den Champignons, mit denen besonders die tödlich giftigen weißen Knollenblätterpilz-Arten von Laien mitunter verwechselt werden. Lamellen von Champignon-Arten in der freien Natur sind niemals reinweiß! Selbst in sehr jungen Stadien sind die Lamellen rosa, um später über bräunliche bis hin zu schwärzlichen Tönen zu verfärben.

Ökologischer Stellenwert

Die Wulstlinge sind im wesentlichen Mykorrhizapilze, das heißt, sie leben in Symbiose mit Waldbäumen. Sowohl Laub- als auch Nadelbäume können hierbei Symbiosepartner von Wulstlingen sein, allerdings hat jede Art ein mehr oder weniger spezifisches Artspektrum potentieller Mykorrhizapartner unter den Baumarten.

 

So kommt beispielsweise der Grüne Knollenblätterpilz im Laub- und Laubmischwald bevorzugt unter Eichen (Quercus) oder Buchen (Fagus) vor. Den Fliegenpilz findet man bevorzugt unter Birken (Betula) oder Fichten (Picea).

 

Mykorrhizapilze, und seien sie noch so giftig, haben einen wichtigen Stellenwert in der Natur. In der Symbiose mit ihrem Baumpartner helfen sie diesem, ökologische Nischen zu erobern, die der Baumart allein sonst vielleicht verschlossen blieben, und resistenter gegen Umweltstreß zu werden. Es ist deshalb für jeden Pilzkundigen klar, daß auch die sogenannten Giftpilze ihren Wert für die Natur haben und nicht sinnlos zerstört werden sollten.

Giftigkeit und Speisewert

Zu den Wulstlingen zählen die tödlich giftigen Knollenblätterpilz-Arten, die in Deutschland und Mitteleuropa für rund 90% der tödlich verlaufenden Pilzvergiftungen verantwortlich sind. Da es sich nur um 3 Pilzarten handelt, lohnt es sich, diese eingehend kennen zu lernen, um sie sicher von eßbaren Pilzarten unterscheiden zu können:

Das heimtückische an Knollenblätterpilz-Vergiftungen sind die langen Latenzzeiten. Ein Betroffener spürt meist frühestens nach einem halben Tag, manchmal erst nach 2-4 Tagen erste Symptome. Die für die Vergiftungen ursächlichen Toxine

greifen hauptsächlich die Leber an.

 

Weitere Wulstlinge, allen voran der Pantherpilz (Amanita pantherina) und der Königs-Fliegenpilz (Amanita regalis) sind aufgrund ihres starken Muscarin-Gehaltes zwar nicht unbedingt tödlich, können jedoch sehr ernste Vergiftungserscheinungen auslösen.

 

Der Fliegenpilz (Amanita muscaria) ist weniger giftig, als oft bekannt. Er tritt eher durch seine halluzinogenen Eigenschaften in Erscheinung, die durch das in ihm enthaltene Muscimol, das beim Trocknen, Lagerung oder Erhitzen aus der Ibotensäure entsteht, hervorgerufen werden.

 

Andere Wulstlinge, beispielsweise der Gelbe Knollenblätterpilz (Amanita citrina), der Porphyrbraune Wulstling (Amanita porphyria) oder verschiedene Streiflinge sind aufgrund ihres Gehaltes an Bufotenin roh giftig; nach gründlichem Durcherhitzen (mindestens 20 min) wären sie zwar eßbar, aber man sollte darauf aufgrund des hohen Restrisikos verzichten.

 

In unseren Breiten kann ich lediglich einen einzigen Vertreter der Wulstlinge uneingeschränkt als Speisepilz empfehlen: Der Perlpilz (Amanita rubescens) ist aufgrund seines rötlich verfärbenden Fleisches leicht von anderen Wulstlingen unterscheidbar und ein sehr aromatischer Speisepilz. In Südeuropa hingegen wird der Kaiserling (Amanita caesarea) als exzellenter Speisepilz bereits seit der Antike geschätzt. Er kann unserem heimischen Fliegenpilz zum Verwechseln ähnlich sehen, dürfte aber kaum nördlich der Alpen vorkommen.

 

Der in Mitteldeutschland ab Sachsen und südlicheren deutschen Regionen häufig vorkommende Graue Wulstling (Amanita spissa) ist ebenfalls ein guter Speisepilz, hat in der Vergangenheit jedoch schon häufig zu Verwechslungen mit dem ähnlich aussehenden sehr giftigen Pantherpilz, der eher in nördlicheren deutschen Regionen vorkommt, geführt. Nach einigen Vergiftungsfällen mit dem Pantherpilz, die Urlauber aus mittel- und süddeutschen Regionen in Norddeutschland wegen Verwechslungen erlitten, trägt dieser auch den Beinamen "Sachsenschreck".

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